Einwand “Die Reichweite von Elektroautos ist nicht praxistauglich/Die Ladeinfrastruktur unzureichend/Die Ladedauer zu lang”
Der mit Abstand häufigste Einwand gegen Elektroautos lautet, diese hätten eine unzureichende Reichweite, so dass sie allenfalls als Zweitauto, als Stadtauto oder als Spaßflitzer für Reiche in Frage kämen.
Um herauszufinden, ob diese sprichwörtliche “Reichweitenangst” begründet ist, benötigen wir verschiedene Informationen. Die wichtigsten Fragen sind: I) Wieviele Kilometer wird ein Auto in Deutschland am Tag gefahren? II) Wie groß ist die Reichweite von aktuellen Elektroautos? III) Wie ist es in Deutschland um die Ladeinfrastruktur bestellt?
Anschließend ermitteln wir in einer Praxisanalyse, wie weit man mit den gängigsten Elektroautos mit 1–2 “Tankstopps” kommt und wie viel Zeit man bei einer solchen Fahrt im Vergleich zu einem Auto mit Verbrennungsmotor verliert. Zum Schluss untersuchen wir dann, wie die deutschen Hersteller bei diesen entscheidenden Kriterien im Vergleich zur ausländischen Konkurrenz aufgestellt sind.
I) Tägliche Fahrstrecke von Autos in Deutschland
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lag die durchschnittliche mit Pkw in Deutschland zurückgelegte Wegstrecke im Jahr 2010 bei 16 km.1 Und aus einer Studie von 2007 geht hervor, dass mit einem typischen deutschen Pkw an 80% der Tage eines Jahres weniger als 40 km gefahren wird; diese Strecken machten mehr als die Hälfte der jährlichen Fahrleistung aus.2
Die allermeisten Fahrten und ein Großteil der gesamten Fahrtstrecke eines Pkw werden also auf kurzen Strecken und wohl oftmals im Stadtverkehr zurückgelegt: Einkäufe im Supermarkt, Shopping-Touren in der City, Kindertransporte zur Schule, zu Freunden oder außerschulischen Aktivitäten, Kino- und Konzertbesuche in der Stadt: Für all diese Fahrten ist die Reichweite eines aktuellen Elektroautos in vielen Fällen wohl für eine halbe oder ganze Woche ausreichend.
Ebenfalls aufschlussreich in diesem Zusammenhang sind die Statistiken zur Pendlerpauschale:3

Über 95% der deutschen Berufspendler kommen also auf eine tägliche Pendelstrecke von weniger als 100 km.
II) Wie groß ist die Reichweite von aktuellen Elektroautos?
Hier ein Überblick über die wichtigsten aktuellen und künftigen Elektroautos:
Kategorie/ Zeitraum | Modell | Preis abzüglich der Elektroauto- prämie von 4.000 EUR |
Verkauft gesamt | Reichweite NEFZ |
Reale Reichweite nach EPA-Angaben45 |
1.
Generation ab 2010 |
Nissan Leaf ab 2010 | ab 34.000 EUR | >250.000 | 175 km | 117 km |
Renault ZOE
ab 12/2012 |
ab 22.000 EUR +Batteriemiete | >50.000 | 240 km | geschätzt 160 km6 | |
BMW i3
ab 2013 |
ab 35.000 EUR | >50.000 | 190 km | 130 km7 | |
2.
Generation ab 2015 |
Nissan Leaf
seit Sommer 2015 |
ab 34.000 EUR | >250.000 | beim 30-kWh-Modell 250 km | 172 km (+47% ggü Vormodell) |
BMW i3
seit Juli 2016 |
ab 36.000 EUR | >50.000 | 300 km | 183 km8 (+41% ggü Vormodell) | |
Renault ZOE
seit Herbst 2016 |
ab 32.000 EUR | >50.000 | 400 km | geschätzt 260 km9 | |
(künftige) Neuheiten | Chevrolet Bolt = Opel Ampera‑e | ab 35.000 EUR | in Europa ab Juni 2017 (in geringer Stückzahl)10 | 520 km | 383 km
(+109% ggü neuem i3) |
Tesla Model 3 | vorauss. ab 40.000 EUR | in den USA ab Juli 201711 | voraussichtlich
> 450 km |
mind. 346 km
(+89% ggü neuem i3) |
|
Oberklasse seit 2012 | Tesla Model S | ab 77.000 EUR | ~150.000 | je nach Modell 410 bis 650 km | je nach Modell 345 bis 540 km |
Somit boten schon die erschwinglichen Elektroautos der ersten Generation, die ab 2010 (Leaf) bzw. 2013 (i3) erhältlich waren bzw. sind, eine Reichweite, mit der über 95% der Berufspendler ausgekommen wären — und auch für private Zwecke wird an nur wenigen Tagen im Jahr eine größere Reichweite benötigt.
Die zweite Generation dieser Stromer bietet mit real rund 180 km (Leaf und i3) bzw. sogar 260 km (ZOE) nun eine Reichweite, bei der auch außergewöhnliche Tagesausflüge, etwa zu einem Konzert in der nächsten größeren Stadt, zu einem Freizeitpark oder zum nächsten größeren Zoo, bedenkenlos mit dem Stromer gemacht werden können, ohne dass unterwegs eine Ladestation aufgesucht werden müsste.
Und für 2017 stehen bereits zwei neue Konkurrenzmodelle in den Startlöchern, die auf eine reale Reichweite von deutlich über 300 km kommen werden.
Wer mit der rechts in der Tabelle angegebenen realen Reichweite ausnahmsweise einmal nicht auskommt, hat mehrere Möglichkeiten: a) stromsparend fahren, b) nachladen oder c) einen Mietwagen nehmen.
a) Durch zurückhaltende Fahrweise (bzw. Wahl eines entsprechenden energiesparenden Fahrmodus) lässt sich im Realbetrieb — etwa bei einer Reisegeschwindigkeit von rund 100 km/h auf der Autobahn — die EPA-Normreichweite teilweise deutlich übertreffen. Dass man dabei sehr viel entspannter ans Ziel kommt, hat ein Journalist im Selbstversuch festgestellt:
“Es ist ein Reisen wie aus einer anderen Zeit […]. Gemächlich und, hat man seine Gefühle erst mal im Griff, entspannend.”12
b) Wenn das nicht ausreicht, weil man tatsächlich einmal mehr als 200 oder gar 300 km am Stück fahren muss, kann man unterwegs an einer der mittlerweile knapp 7000 öffentlichen Ladestationen13 in Deutschland Strom nachtanken.
Bei einer Ladeleistung von bis zu 50 kW (Leaf und i3) bzw. 43 kW (ZOE) dauert das Laden der bislang erhältlichen erschwinglichen Elektroautos
- beim Leaf mit 30-kWh-Akku knapp 30 min. für eine EPA-Reichweite von 138 km;
- beim i3 mit 33-kWh-Akku 30 min. für eine EPA-Reichweite von 139 km;
- beim ZOE mit 41-kWh-Akku 30 min. für eine EPA-Reichweite von 136 km
Nähere Angaben zur Ladeinfrastruktur in Deutschland folgen in Abschnitt III.
c) Wenn auch das einmal nicht in Frage kommt und die geplante Langstrecke sich nicht ebenso gut oder gar besser mit dem Zug oder Flugzeug zurücklegen lässt, dann kann man in dieser Ausnahmesituation auf einen Mietwagen zurückgreifen. Dazu bieten viele Autohersteller den Käufern von Elektroautos die Möglichkeit, beispielsweise für lange Urlaubsfahrten kostenlos (Renault14 und Volkswagen15) bzw. vergünstigt (BMW16 und Nissan17) einen Mietwagen zu nehmen. Aber auch (potenzielle) Elektroautofahrer, die diese Möglichkeit nicht (mehr) haben, sollten sich einmal über die Mietwagenpreise in Deutschland informieren: Einen optimal familienferientauglichen Mittelklassekombi-Mietwagen gibt selbst in der Hauptferienzeit schon für gut 200 EUR pro Woche18 (ohne Selbstbeteiligung). Somit könnte es sich für viele Autofahrer in Deutschland lohnen, im Alltag ein Elektroauto zu fahren und bei tatsächlichem Bedarf auf einen Mietwagen zurückzugreifen. Denn in Anbetracht der höheren Betriebs- und Unterhaltskosten von Verbrennern (siehe den Preis-Artikel) hätte man die Mietkosten schnell wieder raus, wenn man bedenkt, dass man dafür im Rest des Jahres (bei 2 Wochen Verbrenner-Miete also 50 Wochen im Jahr) mit einem Elektroauto viel günstiger fahren kann.
“Zu geringe Reichweite, zu wenig Ladesäulen […]. Es sind stets die gleichen Bedenken, die ich bei Diskussionen zum Thema Elektroauto zu hören bekomme. […] Aber kann ich anderes erwarten, am Beginn einer neuen Art von Mobilität? War es vor 130 Jahren nicht ähnlich, als Bertha Benz ihre erste Tour unternahm und den Sprit noch in der Apotheke kaufen musste?“19
III. Ladeinfrastruktur:
Bevor wir auf die Ladeinfrastruktur in Deutschland eingehen, ist anzumerken, dass deren Bedeutung von den meisten Besitzern herkömmlicher Autos überschätzt wird. Denn bei Elektroautos funktioniert das klassische Bild vom Tanken nicht mehr, weil Elektroautos im Alltag in aller Regel am Start- oder Zielort aufgeladen werden, z. B. zu Hause oder am Arbeitsplatz.
Mit einem Elektroauto muss man nämlich im Alltagsgebrauch praktisch nie “zum Tanken fahren”, da die Reichweite vieler bereits heute verfügbarer Stromer für die allermeisten Alltagszwecke ausreicht. Neue Elektroautobesitzer müssen somit zunächst einmal umdenken, wie Tesla-CEO Elon Musk sehr anschaulich erläutert hat20:
“Die Leute sind es seit jeher gewohnt, zu einer Tankstelle zu fahren, um zu tanken, das macht man einfach so. […] Sie fahren also [zum Stromtanken], weil sie es immer so gemacht haben. Idealerweise sollte man sein Elektroauto aber da laden, wo man auch sein Handy auflädt. Oder würden Sie Ihr Handy vielleicht an einer Tankstelle aufladen?”
Im Alltag kommen die allermeisten Elektroautofahrer also mit einer Steckdose zu Hause oder am Arbeitsplatz aus. Wenn man aber tatsächlich ausnahmsweise einmal eine längere Strecke mit dem Auto fahren muss, stehen einem in Deutschland zahlreiche öffentliche Ladestationen zur Verfügung. Deutschlandweit gibt es Stand Mai 2017 rund 8.500 öffentliche Ladestationen mit knapp 25.000 Ladepunkten mit einer Leistung von bis zu 50 kW 21.

Etwa die Hälfte davon sind Wechselstromtankstellen (AC) vom Typ 2 mit 11 kW (2000 Ladepunkte) oder 22 kW (gut 6.000 Ladepunkte). Schnelles Gleichstromtanken (DC) gibt es über CCS (rund 500 Ladepunkte an 400 Standorten), Chademo (gut 300 Ladepunkte an gut 300 Standorten) und Tesla-Supercharger (rund 60 Stationen22 mit rund 400 Ladepunkten an 60 Standorten) (Stand: Mai 2017).23 Wem die Zahl der Schnellladestationen gering vorkommt, der wird bei genauerem Hinsehen (Heranzoomen unter goingelectric.de oder chargemap.com für Typ 2 oder Combo 2 bzw. unter https://www.tesla.com/de_DE/supercharger für Tesla-Supercharger) feststellen, dass man beispielsweise selbst bei den lediglich rund 60 Tesla-Ladestationen fast nirgendwo in Deutschland mehr als 50 km von der nächsten Ladesäule entfernt ist.
Die im April 2016 von der Bundesregierung beschlossene Förderung (300 Mio. EUR 2017 bis 2020) soll darüber hinaus für die Einrichtung von bis zu 15.000 weiteren Ladepunkten sorgen.24
Wenn man es nicht eilig hat, kann man als Elektroautofahrer bei insgesamt 7.000 Ladestationen also bereits heute durchs ganze Land fahren, ohne Angst haben zu müssen, unterwegs ohne Strom liegen zu bleiben, denn notfalls lässt sich ein saftloser Stromer ja — ggf. mit entsprechendem Adapter — auch an einer beliebigen Haushaltssteckdose über Nacht wieder aufladen. Für normale (schnelle) Langstreckenfahrten effektiv nützlich sind aber eigentlich nur Ladesäulen mit mindestens 43 kW Ladeleistung, notfalls noch (für die letzten 50–100 km) 22 kW-Säulen.
Übersicht der wichtigsten Schnellladestationen in Deutschland25:
Steckertyp | AC oder DC | max. akt. Lade- leistung | Anzahl Schnelllade-punkte in Deutsch- land | Kompatible Fahrzeuge |
Typ 2
aka “Der EU-AC-Standard” |
AC | 43 kW | 43 kW: 215
22 kW: 6.637 |
alle Elektroautos in Europa (ggf. mit entsprechendem Ladekabel bzw. Adapter)26 |
Stecker Combo 2 (DC) aka “Der EU-DC-Standard”27 (nutzbar über den Ladestandard CCS, der auch für den Stecker Typ 2 (AC) geeignet ist) | DC | 50 kW | 50 kW: 326
22 kW: 156 |
(Angaben von hier):
CCS bieten aktuell: BMW i3, VW e‑Golf, VW e‑Up Audi Q6, Mercedes E‑GLC |
CHAdeMO aka “Der asiatische Standard” | DC | 50 kW | 50 kW: 214
22 kW: 160 |
(Angaben von hier):
Citroën Berlingo / Peugeot Partner (Modelle ab 2014), Kia Soul EV, Mitsubishi i‑MiEV und seine Ableger Citroën C‑Zero und Peugeot Ion, Mitsubishi PI-Hybrid Outlander, |
Tesla Supercharger aka “Der Goldstandard” | DC | 120 kW | 120 kW: ~400 | Tesla-Fahrzeuge (andere Hersteller wollen (bislang) leider nicht mitmachen) |
Fahrzeugseitige CCS-Ladebuchse, geeignet für die Stecker Typ 2 (oberer Teil der Buchse, AC, bis 43 kW) und Combo 2 (beide Buchsenteile, DC, bis 50 kW):

Aus den grün markierten Steckerbelegungen lässt sich ablesen, wie bei der CCS-Vorrichtung sowohl Stecker des Typs 2 als auch Combo-2-Stecker genutzt werden können:

Aus dem Wikipedia-Artikel zum CCS-Stecker: “Von den eigentlich 5 + 2 Kontakten des Typ 2 werden beim CCS-Gleichstromladen mit dem Combo 2 nur die drei Erdungs- und Signalkontakte genutzt. Der Laststrom fließt über die beiden zusätzlichen Gleichstromkontakte [gelb].”28
Die Angaben der Übersichtstabelle lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:29
De facto gibt es in Europa derzeit drei Standards, um ein Elektroauto in [rund] 30 Minuten auf 80 Prozent zu laden. Zuerst waren da die Japaner mit dem Gleichstrom-Ladesystem CHAdeMO. Dann nutzten die Franzosen den Wechselstrom-Standard mit 43 Kilowatt Ladeleistung. Zuletzt haben dann die Deutschen den Gleichstrom-Standard Combined Charging System (CCS) eingeführt. Den deutschen Standard nutzen (bislang) nur VW und BMW. CHAdeMO nutzen Mitsubishi, Kia, Nissan, Peugeot und Citroen. Mit 43 Kilowatt Wechselstrom lädt Renault.30
Wer sich nun auf chargemap.com die vorhandenen Stromtankstellen für eine bestimmte Anschlussart auf einer von ihm häufig gefahrenen Langstrecke ansieht, wird feststellen, dass es unterwegs durchaus mehrere in Betracht kommende Schnelllademöglichkeiten gibt.
Die Frage ist nur, ob man diese dann auch tatsächlich nutzen kann. Weil es nämlich an einer Stromtankstelle oftmals nur 1–2 Ladepunkte für einen bestimmten Anschluss gibt, läuft man Gefahr, bisweilen in der Schlange oder gar im Regen zu stehen, wenn die benötigte Säule gerade besetzt oder defekt ist. Zudem braucht man bei vielen Ladestationen auch noch eine bestimmte Ladekarte, damit der ersehnte Stromfluss zustandekommt.
Unter anderem aufgrund dieser Widrigkeiten fühlt man sich in Deutschland wohl derzeit bisweilen noch wie eine Art Pionier, wenn man trotz dieser Risiken eine Langstreckenfahrt mit einem Elektroauto antritt.
Praxiserfahrungen der selbsternannten “ZoePionierin”:
Regelmäßige Mittelstrecken kein Problem, Langstreckenfahrten durch Europa erfordern noch Abenteuerbereitschaft
Wer sich heute fragt, ob eine Elektroauto denn für tägliche Pendelstrecken oder gar echte Langstreckenfahrten durch Deutschland oder Europa taugt, der sollte einmal die Erfahrungsberichte der ZoePionierin lesen, die von 2013 bis 2016 rund 65.000 km mit ihrem Renault ZOE zurückgelegt hat.
In ihrem Fazit stellt sie zufrieden fest, dass regelmäßig zurückzulegende Mittelstrecken, bei denen man unterwegs nur einmal (kurz) laden muss, heute überhaupt kein Problem mehr sind:
“Die Fahrten von Stuttgart nach Mainz [gut 200 km] und zurück wurden schnell zur Routine. […] Am Ende [2016] gab es auf dem Weg drei 43 Kilowatt-Ladestationen. Im Sommer musste ich damit nur noch 20 bis 25 Minuten laden. Das hat dann höchstens für ein gemütliches Eis gereicht.“31
Dass man heute mit einem Elektroauto auch echte Langstreckenfahrten in Deutschland unternehmen kann, hat die ZoePionierin bereits 2014 bewiesen, als sie eine 2.400 km lange Deutschlandrundfahrt absolvierte — obwohl ihr damaliger Renault Zoe nur eine Praxis-Reichweite von etwa 160 km hatte.
Gleich im Jahr darauf (2015) machte sie eine weitere Langstreckentour, diesmal über England bis nach Schottland. Ihr Fazit:
“Auch diese Reise war etwas ganz besonderes und hat gezeigt, dass man auch heute schon mit einem [erschwinglichen!] Elektroauto verreisen kann.”
Im Rückblick auf ihre eigenen Erfahrungsberichte stellte die ZoePionierin im Juli 2016 dann in Anbetracht des seither bereits erfolgten Ausbaus der Ladeinfrastruktur in Deutschland fest:
“Komisch, wenn ich die letzten Absätze jetzt noch einmal lese, scheint es, als würde ich meinen Enkeln von lang vergangenen Zeiten berichten. Das alles ist aber keine drei Jahre her, bis ich Enkel habe ist noch viel Zeit.”
Wie viel Begeisterung die Elektromobilität entfachen kann, lässt sich schließlich an folgenden Zeilen ablesen:
“Mir war auch schon nach den ersten – wenn auch manchmal beschwerlichen – Kilometern [im Jahr 2013] klar, dass es keinen Weg mehr zurück gibt. Für kein Geld der Welt würde ich mein Elektroauto gegen eines mit Verbrennungsmotor zurücktauschen. […] Elektrisch fahren macht so viel Spaß, dass man all diese Unannehmlichkeiten gerne in Kauf nahm.“32
Wir sehen also: Trotz der bisweilen auftretenden Widrigkeiten kann man, mit Enthusiasmus und etwas Organisationstalent ausgestattet, nicht nur die unzähligen Kurzstrecken im Alltag, sondern auch Mittel- und Langstrecken bewältigen.
Da jedoch nicht alle Autofahrer mit soviel E‑nthusiasmus ausgestattet sind wie die ZoePionierin, muss insbesondere die Schnellladeinfrastruktur in Deutschland dringend weiter ausgebaut werden — wozu aus Selbsterhaltungstrieb sicher auch die Tankstellenketten beitragen werden — und der Zugang vereinheitlicht und vereinfacht werden, damit alle Elektroautofahrer in Deutschland möglichst bald vollkommen bedenkenlos Langstreckenfahrten antreten können.
Genau das — unkompliziertes Laden und Bezahlen — soll nun im Rahmen des intercharge-Netzes der eRoaming Plattform Hubject in Angriff genommen werden. Mit dabei sind neben BMW, Daimler und Volkswagen auch Zulieferer wie Bosch und Siemens sowie große Stromversorger und zahlreiche Stadtwerke.
Während dieses Projekt aber noch vergleichsweise in den Kinderschuhen steckt, war man im “Ladeparadies Niederlande” schon 2014 viel weiter, wie die ZoePionierin nach ihrer Rückkehr von einem Abstecher ins Nachbarland angesichts der vorbildlichen Ladeinfrastruktur feststellte:
“Die Niederlande sind so etwas wie ein Musterland für Elektromobilität. Nahezu alle Ladesäulen lassen sich mit der The New Motion-Karte freischalten. Ladesäulen stehen an jeder Ecke und Schnellladestationen, die es hier reichlich an den Autobahnen gibt, bieten standardmäßig alle CCS, CHAdeMO und AC43kW an. Fastned baut gerade ein flächendeckendes Netz an niederländischen Autorasthöfen.“33
Damit aber Elektroautofahrer bei Auslandsreisen nicht in die Röhre gucken, haben die führenden Ladenetzbetreiber von fünf europäischen Ländern — Frankreich, Niederlande, Norwegen, Österreich und Schweiz — im Februar 2017 verkündet, dass sie es ihren Nutzern spätestens Ende des Jahres ermöglichen werden, ohne Einschränkungen auch in den Partnernetzen im Ausland zu laden.
Nicht dabei bislang: die deutschen Netzbetreiber. Das wollten aber offenbar nicht alle auf sich sitzen lassen. Und so hat E.ON nur wenige Tage später eine Kooperation mit dem dänischen Anbieter CLEVER zum Aufbau eines Schnellladenetzwerks für Elektroautos entlang der meistbefahrenen Straßen Europas verkündet.
Bereits Ende November 2016 hatten die großen deutschen Autokonzerne angekündigt, ab 2017 ein europaweites Netz von anfangs 400 Ultra-Schnellladestationen mit einer Ladeleistung von sage und schreibe 350 kW aufbauen zu wollen. Das wäre fast dreimal so schnell wie der bisherige Ladeprimus Tesla.34 Das Vorhaben läuft parallel zu den 200 Millionen Euro schweren Plänen des Bundesverkehrsministeriums, 400 Schnellladestationen für Elektroautos an deutschen Autobahnraststätten zu errichten.
Es mangelt also nicht an breit aufgestellten Initiativen zum Ausbau der Ladeinfrastruktur und mittelfristig ist sicher mit weiteren Zusammenschlüssen oder zumindest Kooperationen auf internationaler Ebene zu rechnen, was batterieelektrische Auslandstouren deutlich erleichtern dürfte.
Da diese Projekte aber noch in den Kinderschuhen stecken, wollen wir uns nun einmal ansehen, wie man in Deutschland heute schon mit einem aktuellen Stromauto auf Langstrecken vorankommt.
Praxisanalyse: Wie groß ist der Zeitverlust bei Langstreckenfahrten mit einem Stromauto?
Zugegeben, manchmal ist es einfach am praktischsten, eine längere Strecke mit dem eigenen Pkw zu fahren. Und wenn die Strecke länger als 150 km oder gar 200 km ist, wird man mit einem heute verfügbaren Elektroauto um einen “Tankstopp” unterwegs nicht herumkommen, wenn man sich keinen Oberklasse-Tesla leisten kann.
Die entscheidende Frage ist daher, wie weit man mit den oben aufgeführten, gängigsten Elektroautos kommt, wenn man unterwegs 1–2 Mal Strom nachladen muss. Dies haben wir auf der Grundlage von zwei Szenarios untersucht:
a) Schnelle Autobahnfahrt (mit 130 km/h) und b) gemächliche Autobahnfahrt (mit 100 km/h).
-
Schnelle Autobahnfahrt (mit 130 km/h)35

Bei schneller Autobahnfahrt mit überaus anspruchsvollem Lastprofil gemäß dem ADAC-Autobahnzyklus36 kommen die drei bereits heute verfügbaren Elektroautos ohne Zwischenstopp auf eine Reichweite von 120–140 km.37 In jeder anschließend eingelegten 30-minütigen Ladepause erhalten sie gut 70 km (ZOE) bzw. rund 100 km (i3 und Leaf) zusätzliche Reichweite, wobei der ZOE wegen seines hohen Stromverbrauchs und seiner geringeren Ladeleistung (43 statt 50 kW) zurückfällt, während sich der BMW i3 dank seines vergleichsweise niedrigen Verbrauchs nach vorn schiebt.
Mit dem i3 bräuchte man für die 342 km exakt 3 Stunden und 51 Minuten, wovon eine Stunde auf die beiden Ladepausen entfiele. Mit einem Verbrenner könnte man dieselbe Strecke in 2 Stunden und 51 Minuten38 schaffen, weil man natürlich keine Pause einlegen müsste. Dann käme man also gut eine Stunde früher, aber weniger entspannt am Zielort an, weil man ohne Pause durchgefahren wäre, anstatt zwei Zwischenstopps zu machen.
b) Gemächliche Autobahnfahrt (mit 100 km/h)39

Bei gemächlicherer Autobahnfahrt mit rund 100 km/h40 kommen die drei Elektroautos ohne Zwischenstopp auf eine Reichweite von 150–190 km41. In jeder anschließend eingelegten 30-minütigen Ladepause erhalten sie 100 km (ZOE), 120 km (Leaf) bzw. 140 km (i3) zusätzliche Reichweite, so dass der ZOE seinen durch den großen Akku bedingten anfänglichen Vorsprung wegen des hohen Stromverbrauchs und der geringeren Ladeleistung (43 statt 50 kW) einbüßt, während der BMW i3 dank seines niedrigen Verbrauchs davonzieht.
Mit dem i3 bräuchte man für die 472 km exakt 6 Stunden und 15 Minuten42, wovon eine Stunde auf die beiden Ladepausen entfiele. Mit einem Verbrenner könnte man dieselbe Strecke wohl in gut 4 Stunden und 20 Minuten schaffen, wenn man mit einer Fahrgeschwindigkeit von 120 km/h effektiv eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 110 km/h erreicht und zwischendurch eine kurze Pause von 5 Minuten einlegt. Dann käme man also knapp zwei Stunden früher, aber etwas weniger ausgeruht am Reiseziel an.
Ein solcher Zeitverlust von knapp zwei Stunden pro Strecke ist zwar nicht unerheblich, er wird aber dadurch relativiert, dass die meisten Autofahrer in Deutschland solch lange Fahrten von 400–500 km nur wenige Male im Jahr unternehmen. Selbst wenn man Weihnachten, Ostern und im Sommer jeweils eine derartige Fernreise mit einem Stromer unternimmt, verliert man aufs Jahr gesehen insgesamt (Hin- und Rückfahrten) gerade einmal 12 Stunden, mit anderen Worten also lediglich eine Stunde im Monat.
Wer einmal ein Elektroauto gefahren ist und die langfristigen Vorteile nüchtern durchgerechnet hat, der wird zu dem Schluss kommen, dass eine Stunde im Monat eine sehr gute Zeitinvestition ist, weil man im Gegenzug viel Fahrspaß erhält, auf lange Sicht in vielen Fällen Geld spart und nicht zuletzt die Umwelt schont.
Ausblick Mitte 2017–2018
Schon bald wird es allerdings noch weit bessere Möglichkeiten geben, Langstrecken mit einem erschwinglichen Elektroauto zurückzulegen: Im Sommer 2017 rollt der Opel Ampera‑e in Europa vor, der laut der US-Umweltbehörde EPA auf eine mehr als doppelt so hohe Praxis-Reichweite kommt wie Leaf, ZOE und i3.
Ebenfalls ab Mitte 2017 sollen die ersten Exemplare des Tesla Model 3 in den USA ausgeliefert werden, der bislang mit einer EPA-Reichweite von mindestens 346 km angekündigt wurde, wobei jedoch fest damit zu rechnen ist, dass er letztlich ebenfalls eine doppelt so hohe Praxis-Reichweite erreichen wird wie Leaf, ZOE und i3 — nicht zuletzt, weil Tesla es wohl nicht auf sich sitzen lassen kann, vom alteingesessenen Konkurrenten General Motors (zu dem die Marke Chevrolet mit dem Ampera-Bruder Bolt gehört) ausgerechnet in seiner Paradedisziplin “Stromer-Reichweite” durch vergleichbar günstiges Modell übertrumpft zu werden.
Mit diesen neuen Elektroautos kann man dann bei gemächlicher Autobahnfahrt (rund 100 km/h) voraussichtlich mindestens 350 km auf der Autobahn zurücklegen, bevor man sich erstmals nach einer Lademöglichkeit umsehen muss.
Dabei gehen wir (abgesehen von den beiden 30-minütigen Ladepausen) von folgenden Annahmen aus:
Akkugröße | Stromverbrauch bei 100 km/h |
Ladeleistung | Effektives Streckentempo im Verkehr | |
Chevrolet Bolt/ Opel Ampera‑e |
60 kWh | max. 17,6 kWh/100 km43 | 50 kWh pro Stunde | 90 km pro Stunde |
Tesla Model 3 | geschätzt 55 kWh | max. 17,6 kWh/100 km | 120 kWh pro Stunde | 90 km pro Stunde |
Das führt zu folgendem Ergebnis:

Mit Ampera‑e und Model 3 wird man somit bei einem Normaltempo von 100 km/h, das dazu führt, dass man de facto 90 km in der Stunde vorankommt, mehr als 300 km auf der Autobahn fahren können, bevor man erstmals an die Ladesäule muss — wobei man ja nach 3,5 Stunden in der Regel ohnehin eine Pause ganz gut gebrauchen kann.
Nach dem ersten Ladestopp wird sich dann allerdings die Spreu vom Weizen trennen. Denn während der Chevrolet Bolt/Opel Ampera‑e anschließend wohl spätestens alle 90 Minuten bzw. 140 km nachladen muss, kann der Tesla-Fahrer nach jedem Ladevorgang (der zudem nur 22 Minuten dauern würde44) wieder fast drei Stunden fahren und kommt somit jeweils fast doppelt so weit.
Die genaueren Umstände erklären wir am besten in einem blauen Kasten.
Sonderfall Tesla
Für Langstreckenfahrten können Besitzer eines Elektroautos des US-Herstellers Tesla abgesehen von der oben erläuterten öffentlichen Ladeinfrastruktur in Deutschland auch die Tesla-eigene Infrastruktur nutzen: In Deutschland gibt es für sie derzeit rund 60 (Stand Mai 2017) sogenannte Supercharger-Stationen45 entlang vielbefahrener Straßen mit insgesamt rund 400 Ladepunkten, an denen Tesla-Fahrzeuge etwa doppelt so schnell geladen werden können wie an den schnellsten öffentlichen Ladestationen: ![]() Bis Ende 2017 soll die weltweite Anzahl der Supercharger-Ladesäulen zudem von Ende 2016 gut 4.800 an rund 770 Standorten bis Ende 2017 fast verdoppelt werden.46 Darüber hinaus hat Elon Musk angedeutet, dass die nächste Supercharger-Generation “V3” einen deutlichen Geschwindigkeitsschub beim Laden mit sich bringen wird — mit deutlich mehr als 350 KW47. Außerdem gibt es in Deutschland Stand Mai 2017 rund 24448 sogenannte Destination Charger (langsamere Tesla-Ladesäulen auf den Parkplätzen von Hotels, Restaurants, Einkaufszentren und anderen “Orten von Interesse”), deren Zahl (gemäß der Ankündigung in einem Videoausschnitt von der Präsentation des Tesla Model 3 am 31. März 2016) von Anfang 2016 fast 3.700 bis Ende 2017 auf 15.000 erhöht und somit sogar mehr als vervierfacht werden soll (in Deutschland waren es im Januar 2017 noch 120!). ![]() |
Somit wird die Markteinführung des Tesla Model 3 dazu führen, dass ein entscheidender Vorteil des Oberklassenmodells S des US-Herstellers “demokratisiert”, also für die breite Masse verfügbar gemacht wird. Denn dank der Tesla-Supercharger-Stationen kann man schon heute mit einem Elektroauto spontan und absolut entspannt zu Langstreckenfahrten aufbrechen. Dies bezeugt die Zoe-Pionierin49 (die mittlerweile von dem kleinen Renault-Stromflitzer zum US-Oberklassenstromer übergelaufen ist) in einem interessanten Bericht über die Heimfahrt nach einer spontan unternommenen Mittelmeerreise:
“Und dann bin ich einfach heimgefahren
Es war so unspektakulär, wie es klingt. Um kurz nach eins habe ich meine Heimatadresse ins Navi eingegeben. Für die knapp 1.000 Kilometer hat das Model S eine Reisezeit inklusive Supercharger-Stopps von knapp 12 Stunden kalkuliert. Wegen ziemlich dichten Nebels in den Vogesen und im Schwarzwald hat es dann ein bisschen länger gedauert. […]
Das Ganze hat gezeigt, man kann mit dem Model S problemlos an einem Tag ans Mittelmeer fahren. Dank des ständig wachsenden Supercharger-Netzes ist bald jeder Punkt in Europa zu erreichen. […] Wo es keine Supercharger gibt, kann das Model S mittels eines speziellen Adapters an CHAdeMO-Ladesäulen laden. Hier kann man immerhin noch über 200 Kilometer pro Stunde nachladen. […] Am Supercharger sind es zwischen 220 (70-Kilowattstunden-Batterie) und 300 Kilometer (90-Kilowattstunden-Batterie) pro 30 Minuten. Damit ist das Model S noch vor der Renault ZOE das Auto mit der größten Flexibilität bei den Lademöglichkeiten. Dazu ist der Strom an den Superchargern bereits im Kaufpreis des Autos enthalten.50 Inzwischen zeigt das Model S im Navi an, ob der Supercharger verfügbar ist.”
Weiter zum nächsten Artikel:
- Preis
- Akku-Lebensdauer
- CO₂-Emissionen
- Energieeffizienz
- Alternative Wasserstoffauto
- Porträt zum Tesla-CEO Elon Musk: Vom Jugendherbergsduscher zum Multimilliardär und Weltretter. Wie er das geschafft hat, lest ihr hier.
Quellen:
Abbildung 3: ©2016 GoingElectric Stromtankstellen-Verzeichnis51
Abbildung 4:©2014 Robert Basic52
Abbildung 5: ©2016 Monatsbericht Februar 2016, Bundeswirtschaftsministerium — Seite 353
Abbildung 9: ©2012 Tesla54
Abbildung 10: ©2016 Marcel Mansfeld
Toller Bericht, danke dafür!
Allerdings ein kleiner Hinweis bei den Einheiten: Akku-Größen bzw. Speicherkapazität werden in Kilowattstunden (kWh) angegeben. Kilowatt (kW) ist die Leistung, also z.B. vom Motor oder der Ladung.
Die Ladeleistung trägt also die Einheit kW.
Die Einheit kW/h gibt es nicht. Der Verbrauch, also die kWh werden z.B. auf 100 km wie folgt angegeben: 17,6 kWh/100 km.
Aber wie gesagt, ansonsten ein ganz toller Bericht.
Vielen Dank für die Blumen und den Hinweis! Gemeint war “kWh/h”, um dem Laien zu verdeutlichen, wie viel Energie pro Stunde im Akku landet.
Ich bin den Artikel nochmal durchgegangen und habe das u.a. in der betreffenden Tabelle entsprechend angepasst. Jetzt sollten alle Angaben “physikalisch korrekt” sein.
Super Artikel
Vielen dank für diesen tollen Artikel! Hoffentlich werden ihn viele Interessierte finden und dadurch ihre evtl. noch vorhandenen Vorurteile abbauen.
Zitat: “Im Alltag kommen die allermeisten Elektroautofahrer also mit einer Steckdose zu Hause oder am Arbeitsplatz aus.”
Das kann man nicht verallgemeinern, da es oftmals bei PKW Stellplätzen zur Wohnung/Haus oder öffentlichen Parkplätzen/Parkbuchten in der Nähe des Arbeitsplatz keinen Stromanschluss gibt.
Ansonsten super Bericht!
Das stimmt natürlich.
Zur Anzahl der Deutschen, die am Parkplatz zu Hause oder am Arbeitsplatz Zugang zu einer Steckdose haben, sammeln wir noch Informationen und werden diese so bald wie möglich ergänzen.
Abgesehen davon gibt es aber mittlerweile in Deutschland einige Initiativen, Straßenlaternen mit Ladebuchsen für Elektroautos auszustatten (einfach mal googeln). Das könnte ein eleganter und relativ kostengünstiger Ansatz sein, um noch mehr Leuten Lademöglichkeiten zu bieten.
Das größte Problem neben den fehlenden Steckdosen in Tiefgaragen und anderen privaten Stellplätzen ist die Tatsache, dass nicht an einem Ort beliebig viele Dosen installiert werden können. In einer TG können nicht 100 oder 500 50 Ampere Anschlüsse gelegt werden, weil die Zuleitungen nicht genug Kapazität haben. Die ganze Strom-Infrastruktur ist dafür viel zu schwach ausgelegt. Es bräuchte neune, sehr dicke Kabel und neue Umspannwerke. Ansonsten dauert das Laden immer länger, je mehr Leute elektrisch fahren wollen. Und um alle zu erreichen, müsste die Reichweite identisch mit der Fahrleistung eines Tages sein, also etwa 1000 km. Strom für mehrere 100 km nachzuladen darf nicht länger als ein paar Minuten dauern. An Autobahnraststätten braucht man hunderte Dosen mit den entsprechenden Kapazitäten. Umso mehr je länger das Laden dauert.
Die Machbarkeit für 50 Mio Autos scheint mir fraglich!
Deshalb gibt es ja die Wallboen die die Ladeleistung je nach Situation im Stromnetz begrenzen. Am besten wird natürlich solar vor Ort am Arbeitsplatz der Strom erzeugt und sofort “getankt”; damit kann man die Netzte von einem größeren Teil des Strombedarfs entlasten, und wer zu Hause nachts nachlädt, macht dies ebenfalls zu einer zeit mit geringer Belastung der Stromnetze.
Die lokale Stromerzeugung durch Photovoltaikanlagen könnte in dieser Hinsicht in der Tat eine wichtige Rolle spielen.
In Anbetracht des Preisverfalls wird nämlich mit einem neuerlichen Solarstrom-Boom gerechnet.
Und durch den Preisrückgang von Stromspeichern wie der Powerwall und des Powerpacks von Tesla dürfte dieser Solarstrom auch in zunehmendem Maße rund im die Uhr verfügbar sein.
Aussagekräftiger fände ich den Vergleich der gleichen Strecke.
Z.B. bei Renault ZOE:
285 km mit 130 km/h und zweimal notwendigem Laden:
2 Std. 11 Min Fahrtzeit plus 1 Stunde laden
285 km mit 100 km/h und einmaligem Laden:
2 Std. 53 Min Fahrtzeit plus 30 Min. laden, zusammen 3 Std. 23 Minuten und somit
nur 12 Minuten längere Reisezeit als bei höherem Tempo.
Das ist ein interessanter Punkt.
Wir sind davon ausgegangen, dass der durchschnittliche Elektroautofahrer wenig Lust hat, auf einer Langstreckenfahrt mehr als zwei halbstündige Ladepausen einzulegen, und wollten auf dieser Grundlage einmal ermitteln, wie weit man dann mit den verschiedenen Stromern kommt.
Auf der Grundlage der von uns bereitgestellten Daten kann, wie Sie es ja auch getan haben, jeder Einzelne ja selbst errechnen, wie lange er für seine meistgefahrenen Strecken braucht.
Am praktischsten für solche Zwecke wäre natürlich ein Berechnungstool, bei dem man seine Daten in eine Maske eingibt und dann das gewünschte Ergebnis ausgespuckt bekommt (z.B.: Wie lange brauche ich, wenn ich mit einem Opel Ampera‑e eine Strecke von 600 km zurücklegen will — bei 130 km/h oder 100 km/h.).
Wenn ein Leser weiß, wie man sowas auf unserer Website technisch umsetzen könnte, wären wir für diese Unterstützung sehr dankbar!
Der Opel Ampera‑e wird nur in homöopathischen Stückzahlen nach Deutschland kommen. Meine beiden Händler vor Ort haben auf Nachfrage nur müde abgewinkt. Zumindest was Deutschland betrifft, ist die Karre eine reine Alibiveranstaltung.
Der Tesla 3 ist für Leute, die ansonsten vielleicht über eine Mercedes E‑Klasse oder ähnliche Preislagen nachdenken. USD 35.000 (wenn sie das überhaupt halten können) werden in D wohl auf deutlich über 50.000 EUR hinauslaufen.
Bleibt hierzulande also weiterhin nur eine Auswahl von wenig reizvollen bzw sehr teuren (BMW i3) Kleinwagen…