Haltbarkeit von E‑Auto-Akkus: Schwach anfangen und dann stark nachlassen?

Bild 13: Chassis, Batterie und Antriebseinheit des Tesla Model S.

Ein­wand “Die Akku­ka­pa­zi­tät von Elek­tro­fahr­zeu­gen geht im Lau­fe der Zeit so stark zurück, dass nach weni­gen Jah­ren nur noch ein gerin­ger Anteil der ursprüng­li­chen Reich­wei­te übrigbleibt”

Da es sich bei den in aktu­el­len Elek­tro­au­tos ver­bau­ten Akku­mu­la­to­ren (Bat­te­rien) noch um eine recht jun­ge Tech­no­lo­gie han­delt, sind gegen­wär­tig noch kei­ne voll­ends zuver­läs­si­gen Aus­sa­gen über die lang­fris­ti­ge Ent­wick­lung der Akku­ka­pa­zi­tät von Elek­tro­au­tos möglich. 

Um den­noch mög­lichst belast­ba­re Erkennt­nis­se über Ent­wick­lung der Akku­ka­pa­zi­tät zu erhal­ten, wer­den wir im Fol­gen­den die gegen­wär­tig ver­füg­ba­ren sta­tis­ti­schen Daten zu den bei­den wich­tigs­ten Fahr­zeug­ty­pen ana­ly­sie­ren, zu denen bereits mehr­jäh­ri­ge Sta­tis­ti­ken vor­lie­gen: 1. zum welt­weit meist­ver­kauf­ten Elek­tro­au­to, dem seit 2010 erhält­li­chen Nis­san Leaf, und 2. zur Bat­te­rie­tech­nik des Auto­her­stel­lers Tes­la, der mit dem Roads­ter seit 2008 und dem Model S seit 2012 in die­sem Bereich ver­tre­ten ist und Ende 2017 mit dem Model 3 ein rela­tiv kos­ten­güns­ti­ges Mas­sen­mo­dell auf den Markt brin­gen will.1

a. Halt­bar­keits­ver­lust durch Zeit
b. Halt­bar­keits­ver­lust durch Fahrleistung
c. Halt­bar­keits­ver­lust auf­grund hoher Temperatur
d. Halt­bar­keits­ver­lust durch Schnellladungen
tldr; — Fazit und Ausblick


a. Haltbarkeitsverlust durch Zeit

Die Akku­ka­pa­zi­tät geht selbst unge­nutzt im Lau­fe der Zeit unver­meid­lich zurück” — Ja, aber der Ver­lust spielt kaum eine Rolle.

Sowohl der Nis­san Leaf als auch die Elek­tro­au­tos von Tes­la ver­fü­gen als Ener­gie­spei­cher über Lithi­um-Ionen-Akkus, bei denen das Laden und Ent­la­den durch che­mi­sche Pro­zes­se erfol­gen. Die­se che­mi­schen Pro­zes­se sind unter Ide­al­be­din­gun­gen theo­re­tisch zig­tau­send­mal rever­si­bel, so dass die Akkus eine extrem lan­ge Lebens­dau­er hätten.

In der Pra­xis füh­ren jedoch zwei wesent­li­che Fak­to­ren zu Alte­rungs­pro­zes­sen und beein­flus­sen so die tat­säch­li­che Lebens­dau­er von Bat­te­rien: Zum einen kön­nen bereits bei der Her­stel­lung von Bat­te­rie­zel­len ent­ste­hen­de kleins­te Unre­gel­mä­ßig­kei­ten und Ver­un­rei­ni­gun­gen lokal zu schlei­chen­den Abbau­pro­zes­sen und ent­spre­chen­den Kapa­zi­täts­ver­lus­ten füh­ren. Zum ande­ren kön­nen Fak­to­ren wie eine hohe durch­schnitt­li­che Betriebs- bzw. Umge­bungs­tem­pe­ra­tur, eine hohe Luft­feuch­tig­keit oder eine hohe Gesamt­dau­er, die das Fahr­zeug mit hohem Ladesta­tus im Ruhe­zu­stand (Park­po­si­ti­on) ver­bringt, die Alte­rung der Bat­te­rie­zel­len beschleu­ni­gen und so ihre Kapa­zi­tät und Lebens­dau­er beein­träch­ti­gen.2

Tesla warnt seine Kunden bei der Auswahl des Fahrmodus vor den Auswirkungen auf die Lebensdauer der Batterie.
Abb. 2: Tes­la warnt sei­ne Kun­den bei der Aus­wahl des Fahr­mo­dus vor den Aus­wir­kun­gen auf die Lebens­dau­er der Batterie.

Da sich die Her­stel­ler die­ser Umstän­de jedoch bewusst sind, haben sie durch ste­ti­ge Ver­bes­se­rung der Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se, aus­ge­feil­tes Lade- und Ent­la­de­ma­nage­ment sowie ent­spre­chen­de Küh­lung bzw. Vor­wär­mung der Akkus geeig­ne­te Vor­keh­run­gen getrof­fen, um die­sen Effek­ten ent­ge­gen­zu­wir­ken, und geben ihren Kun­den ent­spre­chen­de Hin­wei­se an die Hand, was die­se tun kön­nen, um die Bat­te­rie ihres Fahr­zeugs vor über­mä­ßi­gen Kapa­zi­täts­ein­bu­ßen zu bewahren.

Wenn man sich nun die dies­be­züg­li­chen sta­tis­ti­schen Daten ansieht, ist fest­zu­stel­len, dass laut einer Stu­die von 20133 zum Tes­la Roads­ter das Fahr­zeug­al­ter kei­nen sta­tis­tisch signi­fi­kan­ten Ein­fluss auf die Ent­wick­lung der Akku­ka­pa­zi­tät hat. Auch die ent­spre­chen­de Stu­die zum Nis­san Leaf von Ende 20124 lässt nicht auf rein alters­be­ding­te Kapa­zi­täts­ein­bu­ßen schließen.

b. Haltbarkeitsverlust durch Fahrleistung

Die Akku­ka­pa­zi­tät geht abhän­gig von der Fahr­leis­tung zurück” — Ja, aber die Ver­lus­te sind überschaubar.

Sowohl Nis­san als auch Tes­la bie­ten für ihr Elek­tro­au­to eine umfang­rei­che Gewähr­leis­tung auf den Akku: Nis­san für 8 Jah­re bzw. 160.000 km5 und Tes­la für 8 Jah­re bei unbe­grenz­ter Kilo­me­ter­leis­tung.6 Bei Nis­san greift bis 5 Jah­re bzw. 100.000 km auch eine Kapa­zi­täts­ga­ran­tie, durch die Nis­san gewähr­leis­tet, dass die Lade­stands­an­zei­ge in die­sem Zeit­raum bei Voll­la­dung min­des­tens 9 von 12 Bal­ken erreicht. Bei Tes­la gilt die Akku­ga­ran­tie nur für eine “defek­te oder nicht ord­nungs­ge­mäß funk­tio­nie­ren­de Bat­te­rie” und somit nicht bei einem “gra­du­el­len Ener­gie- und Leistungsverlust”.

Bei den Ankün­di­gun­gen zur Ent­wick­lung der Akku­ka­pa­zi­tät war Tes­la 2006 recht zurück­hal­tend. Tes­la stell­te sei­nen Kun­den ledig­lich 70% Kapa­zi­tät nach 5 Jah­ren bzw. 80.000 Kilo­me­tern in Aus­sicht.7 Nis­san  ver­kün­de­te 2012, die Bat­te­rien des Leaf hät­ten bei 20.000 km Fahr­leis­tung im Jahr nach 5 Jah­ren noch  80% Kapa­zi­tät und nach 10 Jah­ren noch 70%.8

Sehen wir uns nun die dies­be­züg­li­chen Erkennt­nis­se aus den oben­ge­nann­ten Stu­di­en an.  Dem­nach haben die Bat­te­rien des Elek­tro-Sport­wa­gens Tes­la Roads­ter nach 160.000 Kilo­me­tern noch 80 bis 85% ihrer ursprüng­li­chen Kapa­zi­tät.  

Das vier Jah­re spä­ter erschie­ne­ne Model S weist aller­dings noch erheb­lich bes­se­re Daten auf:9

Bild 3: Befragung von Tesla Besitzern zur Reichweite je nach abgefahrener Laufleistung (Quelle: pluginamerica.org)
Abb. 3: Befra­gung von Tes­la-Besit­zern zur Reich­wei­te je nach Lauf­leis­tung (Quel­le: pluginamerica.org)

 

Aus die­sem Schau­bild las­sen sich fol­gen­de Rest­ka­pa­zi­tä­ten ablesen:

tesla_kapazität_entwicklung

Somit schnei­den die neu­es­ten Akkus von Tes­la, die im Model S ver­baut wer­den, deut­lich bes­ser ab als die Trak­ti­ons­bat­te­rien des Roadsters. Zudem zeigt ein Ver­gleich der ver­schie­de­nen Ver­sio­nen des Model S, dass Tes­la sei­ne Bat­te­rie­tech­nik zwi­schen 2012 und 2015 noch wei­ter ver­bes­sern konn­te (Rest­ka­pa­zi­tät von 98% statt 94% nach 65.000 km).10

Für das künf­ti­ge Model 3 feilt Tes­la zusam­men mit sei­nem Akku­part­ner Pana­so­nic in der Giga­fac­to­ry an ganz neu­en Bat­te­rie­zel­len: Anstel­le der bis­he­ri­gen, für Roads­ter und die Model­le S und X ver­wen­de­ten Zel­len, die einen Durch­mes­ser von 18 mm hat­ten und 65 mm hoch waren, wer­den in der Giga­fac­to­ry neue Zel­len mit 21 mm Durch­mes­ser und 70 mm Höhe pro­du­ziert. Das neue For­mat sei voll­kom­men unbe­ein­flusst durch bestehen­de Vor­bil­der allein auf der Grund­la­ge der natur­wis­sen­schaft­li­chen und tech­ni­schen Erkennt­nis­se mit Blick auf eine Opti­mie­rung der gewünsch­ten Bat­te­rie­ei­gen­schaf­ten und der Pro­duk­ti­ons­ef­fi­zi­enz ent­wi­ckelt wor­den.11

Eigent­lich sehen die Tes­la-Bat­te­rie­zel­len im neu­en Stan­dard­for­mat 21–70 recht unspek­ta­ku­lär aus:

The new cell for the Model 3 will also be made at the #Giga­fac­to­ry pic.twitter.com/DHldjJCqcS — Jude Bur­ger (@JudeBurger) 30. Juli 2016

In die­se neu­en Bat­te­rie­zel­len flie­ßen aber offen­bar bereits die jüngs­ten For­schungs­er­kennt­nis­se von Tes­la in Bezug auf NMC-Lithi­um-Ionen-Zel­len ein, die nach 1.200 Lade­zy­klen (was in einem Pkw einer Fahr­leis­tung von rund 480.000 km ent­sprä­che) noch 95% ihrer ursprüng­li­chen Kapa­zi­tät haben sol­len.12

Beim Nis­san Leaf sind zuver­läs­si­ge Aus­sa­gen wegen der durch­schnitt­lich nur rund halb so hohen Lauf­leis­tung schwie­ri­ger, aber es ist fest­zu­stel­len, dass von den 240 im Bericht erfass­ten Leafs, die bis auf weni­ge Aus­nah­men nicht mehr als 50.000 km gelau­fen waren (durch­schnitt­lich rund 20.000 km), kein ein­zi­ges Fahr­zeug bei in Mit­tel­eu­ro­pa übli­chen Som­mer­tem­pe­ra­tu­ren eine Kapa­zi­täts­ein­bu­ße von mehr als 15% ver­zeich­ne­te. Nähe­re Infor­ma­tio­nen zur Tem­pe­ra­tur­an­fäl­lig­keit der bei­den Model­le fol­gen im nächs­ten Abschnitt. Aus den aktu­el­le­ren Detail­an­ga­ben der ein­zel­nen Leaf-Fah­rer geht jedoch her­vor, dass bei einer Lauf­leis­tung von mehr als 50.000 km vie­le Fahr­zeu­ge min­des­tens 15% und teil­wei­se auch 21% oder gar 28% ihrer ursprüng­li­chen Kapa­zi­tät ein­ge­büßt haben.

Somit trifft es zu, dass die Kapa­zi­tät der Bat­te­rien von Elek­tro­au­tos auf­grund der Lauf­leis­tung (bzw. der Anzahl der dafür not­wen­di­gen Lade­zy­klen) zurück­geht, jedoch sind die Ein­bu­ßen zumin­dest bei den neu­es­ten Tes­la­ak­kus mit noch nicht ein­mal 10% nach 200.000 Kilo­me­tern sehr über­schau­bar. Bei einer durch­schnitt­li­chen jähr­li­chen Fahr­leis­tung deut­scher Pkw von 14.250 km13 hät­te ein sol­ches Elek­tro­au­to also nach 14 Jah­ren noch eine Rest­reich­wei­te von min­des­tens 90%. 

Beim Nis­san Leaf stimmt trotz des Man­gels an aus­sa­ge­kräf­ti­gen Daten zumin­dest der Umstand opti­mis­tisch, dass die drei Fahr­zeu­ge mit der größ­ten Fahr­leis­tung (56.000–91.000 km) trotz inten­sivs­ter Nut­zung, mehr­mals täg­li­cher Voll­la­dung und tie­fer Ent­la­dung sowie durch­schnitt­lich rund 35 Schnell­la­de­vor­gän­gen nicht nur noch alle 12 Lade­bal­ken auf­wei­sen (die Kapa­zi­tät beträgt also zwi­schen 85 und 100%), son­dern zudem auch die bei­den von ihnen, die einem umfas­sen­den Bat­te­rie­test unter­zo­gen wur­den, dabei vol­le 20 Punk­te erreich­ten (sie­he o.g. Stu­die). Auch im ADAC-Dau­er­test wuss­te der Leaf-Akku zu über­zeu­gen, hat­te er doch nach 65.000 Kilo­me­tern und 1130 Lade­vor­gän­gen noch 90 Pro­zent sei­ner ursprüng­li­chen Kapa­zi­tät.14

c. Haltbarkeitsverlust AUFGRUND HOHER Temperatur

Die Akku­ka­pa­zi­tät geht bei hohen15 Umge­bungs­tem­pe­ra­tu­ren lang­fris­tig stark zurück” — In Mit­tel­eu­ro­pa kein Thema. 

Bild 4: Batterie des Tesla Roadster.
Abb. 4: Bat­te­rie des Tes­la Roadster.

Bei die­ser Fra­ge lie­fern die bei­den oben­ge­nann­ten Stu­di­en ganz unter­schied­li­che Ergeb­nis­se: Wäh­rend die flüs­sig­keits­ge­kühl­te Bat­te­rie des Tes­la offen­bar nicht tem­pe­ra­tur­an­fäl­lig ist,16 bau­en die luft­ge­kühl­ten Akkus des Nis­san Leaf bei hohen  Umge­bungs­tem­pe­ra­tu­ren augen­schein­lich recht stark ab. Aller­dings tritt ein sta­tis­tisch mess­ba­rer Effekt erst auf, wenn die durch­schnitt­li­che Tages­höchst­tem­pe­ra­tur am Wohn­sitz des Leaf-Besit­zers in einem Kalen­der­mo­nat über 27 Grad Cel­si­us liegt — was deut­schen Auto­fah­rern kei­ne Sor­gen berei­ten soll­te, weil es in Deutsch­land kei­nen Ort gibt, an dem die Höchst­wer­te bei­spiels­wei­se im sehr war­men Som­mer 2015 im Monats­schnitt auch nur annä­hernd 24 Grad erreich­ten.17

Beim Tes­la sind Tem­pe­ra­tur­be­den­ken also nicht ange­bracht, und beim Nis­san Leaf muss man sich trotz der teils bedenk­li­chen Ein­bu­ßen an den hei­ßes­ten Orten der USA in Deutsch­land dank des hier gemä­ßig­te­ren Kli­mas dies­be­züg­lich offen­kun­dig eben­falls kei­ne Gedan­ken machen.

d. Haltbarkeitsverlust durch Schnellladungen

Die Akku­ka­pa­zi­tät geht durch vie­le Schnell­la­de­vor­gän­ge stark zurück — Nein.

Der Stu­die über den Nis­san Leaf ist zu ent­neh­men, dass kein sta­tis­ti­scher Zusam­men­hang zwi­schen der Zahl der absol­vier­ten Schnell­la­de­vor­gän­ge und Kapa­zi­täts­ver­lus­ten besteht (sie­he S. 5 der Stu­die). Vor die­sem Hin­ter­grund zog der Her­stel­ler sei­ne ursprüng­li­che Emp­feh­lung, den Leaf höchs­tens ein­mal am Tag schnell auf­zu­la­den, spä­ter zurück. 
Der Stu­di­en­be­richt über den Tes­la Roads­ter ent­hält kei­ne Zah­len zu die­ser Fra­ge. Daher kann bereits auf­grund der Tat­sa­che, dass Tes­la in den USA über ein recht umfang­rei­ches Netz von inten­siv genutz­ten Super­char­ge-Sta­tio­nen ver­fügt, sowie ange­sichts der selbst bei gro­ßen Lauf­leis­tun­gen von bis zu 200.000 km ins­ge­samt über­schau­ba­ren Kapa­zi­täts­ein­bu­ßen von rund 10% davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass Tes­la Mit­tel und Wege gefun­den hat, auch die­ses poten­zi­el­le Pro­blem gar nicht erst auf­kom­men zu lassen.
Die­se Annah­me wird bestä­tigt durch neu­es­te Erkennt­nis­se aus der Befra­gung von 286 Tes­la-Besit­zern in aller Welt. Dem­zu­fol­ge ist die häu­fi­ge Nut­zung (täg­lich bzw. zwei­mal pro Woche) von Super­char­gern nicht nur nicht schäd­lich für die Kapa­zi­täts­ent­wick­lung, son­dern sie führt sogar dazu, dass die ver­blei­ben­de Kapa­zi­tät die­ser Akkus in den aller­meis­ten Fäl­len (100% bzw. 93%) ÜBER dem Durch­schnitt liegt.18

tldr; — Fazit und Ausblick

Ins­ge­samt gese­hen ist also fest­zu­stel­len, dass die Ent­wick­lung der Akku­ka­pa­zi­tät von Elek­tro­au­tos vor allem von der Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs abhängt, wäh­rend bei Ein­hal­tung der Emp­feh­lun­gen zum Umgang mit den Ener­gie­spei­chern ande­re Fak­to­ren wie das Alter der Bat­te­rie oder die Zahl der Schnell­la­de­vor­gän­ge allen­falls eine unter­ge­ord­ne­te Rol­len spie­len. Beim Nis­san Leaf ist das aller­wich­tigs­te Kri­te­ri­um jedoch offen­bar die Fra­ge, ob die durch­schnitt­li­che Höchst­tem­pe­ra­tur am häu­figs­ten Auf­ent­halts­ort des Fahr­zeugs im Som­mer über 27 Grad Cel­si­us liegt, so dass mit spür­ba­ren Kapa­zi­täts­ein­bu­ßen zu rech­nen ist. Da in Mit­tel­eu­ro­pa sol­che Wer­te jedoch nicht erreicht wer­den, sind deut­sche Auto­fah­rer von die­ser Fra­ge aller­dings nicht betroffen.

Bei den neu­es­ten Akku­packs von Tes­la fal­len die Kapa­zi­täts­ver­lus­te mit durch­schnitt­lich knapp 10% nach 200.000 km sehr begrenzt aus, was zu gro­ßen Tei­len dem guten Lade­ma­nage­ment19 und der effi­zi­en­ten akti­ven Tem­pe­rie­rung der Bat­te­rien zu ver­dan­ken sein dürf­te. Die Trak­ti­ons­bat­te­rie des Leaf baut mit Ein­bu­ßen von bis zu 30% nach 90.000 km offen­bar deut­lich schnel­ler ab als die von Tes­la, Nis­san bie­tet sei­nen Kun­den aber eine Garan­tie, die vor extre­men Ein­bu­ßen schützt. Außer­dem haben Leaf-Kun­den die Mög­lich­keit, ein­zel­ne beson­ders schwa­che Bat­te­rie­zel­len aus­tau­schen zu las­sen. So ruft Nis­san auch bis­wei­len Leafs in die Werk­statt, wenn per Fern­dia­gno­se fest­ge­stellt wird, dass bestimm­te Bat­te­rie­zel­len stark abge­baut haben, und tauscht die­se dann auf Garan­tie aus.20

Bild 5: Das Akkupack vom Nissan Leaf.
Abb. 5: Akku­pack des Nis­san Leaf

Beim aktu­el­len Stand fällt das Fazit also zwei­ge­teilt aus: Wäh­rend beim Leaf erheb­li­che Beden­ken hin­sicht­lich der lang­fris­ti­gen Kapa­zi­täts­ent­wick­lung ange­bracht sind, die allen­falls durch die gebo­te­ne Garan­tie gemil­dert wer­den, brau­chen sich künf­ti­ge Käu­fer eines neu­en Tes­la dies­be­züg­lich offen­bar kei­ner­lei Gedan­ken zu machen.21 Denn wenn man  die bis­he­ri­ge Ent­wick­lung im Fal­le des Tes­la fort­schreibt, hät­te das Model S selbst bei einer Ver­dop­pe­lung der Ver­lus­te auf den zwei­ten 200.000 km auf ins­ge­samt knapp 30% selbst bei pes­si­mis­ti­schen Annah­men (350 km rea­le Anfangs­reich­wei­te, 30% Ver­lust) nach 400.000 km und durch­schnitt­lich 28 Jah­ren noch immer eine Reich­wei­te von rund 250 km, was für die über­wie­gen­de Mehr­heit der Pend­ler und All­tags­zwe­cke wohl mehr als aus­rei­chend wäre.22 Wenn Tes­la sei­nen Kun­den dann noch die Mög­lich­keit eines Akku­tauschs anbie­tet, könn­ten sie ihren Model­len der ers­ten Gene­ra­ti­on durch Akku­packs der neu­es­ten Gene­ra­ti­on sogar voll­kom­men neu­es Leben ein­hau­chen.23

In der Tat ist ange­sichts der gro­ßen Auf­merk­sam­keit, die das The­ma “Ent­wick­lung der Akku­ka­pa­zi­tät von Elek­tro­au­tos” bei der inter­es­sier­ten Öffent­lich­keit erhält — für vie­le Kauf­in­ter­es­sen­ten ist dies sicher eines der wich­tigs­ten Kauf­kri­te­ri­en -, fest davon aus­zu­ge­hen, dass künf­ti­ge Bat­te­rien­ge­ne­ra­tio­nen24 dank inten­si­ver For­schungs- und Ent­wick­lungs­be­mü­hun­gen und der wach­sen­den Ver­brei­tung von Elek­tro­au­tos nicht nur eine grö­ße­re Leis­tungs­dich­te bei deut­lich nied­ri­ge­ren Prei­sen, son­dern auch eine noch­mals deut­lich ver­bes­ser­te Lebens­dau­er auf­wei­sen wird.

Wenn Tes­la sei­nen Kun­den dann anbie­tet, gezielt schwa­che Bat­te­rie­zel­len (auf Garan­tie) aus­zu­tau­schen, wären bei einer wei­te­ren ste­ti­gen Ver­bes­se­rung der Tech­nik (vom Roads­ter zum Model S zu künf­ti­gen Gene­ra­tio­nen) Kapa­zi­täts­wer­te von 90% nach 300.000 oder gar 400.000 km sicher kei­ne Uto­pie mehr. Spä­tes­tens dann müss­te sich kein Käu­fer eines sol­chen Elek­tro­au­tos mehr Gedan­ken über spür­ba­re Kapa­zi­täts­ein­bu­ßen machen.

Wei­ter zum nächs­ten Artikel:

Quel­len:
Abbil­dung 1/Titelbild: ©2013 Alan25
Abbil­dung 2: ©2009 Niall Ken­ne­dy26
Abbil­dung 3: ©2016 pluginamerica.org27
Abbil­dung 4: ©2009 Nicolás Boul­losa28
Abbil­dung 5: ©2012 NISSAN MOTOR CO., LTD.29

2 Gedanken zu „Haltbarkeit von E‑Auto-Akkus: Schwach anfangen und dann stark nachlassen?“

  1. Im Gegen­satz zu der hier ver­brei­te­ten hei­le Akku­welt­wer­bung kann man bereits jetzt schon bei der Suche nach einem gebrauch­ten E‑PKW oft bej Ange­bo­ten lesen,daß die Akku­leis­tung bereits nach­ge­las­sen hat.

  2. Bei Tes­la ist die Akku­welt wohl heil, um bei Dei­ner Wort­wahl zu bleiben.
    So haben die Ams­ter­da­mer Flug­ha­fen­ta­xis nach einem Jahr und 100.000 km alle noch über 95% ihrer anfäng­li­chen Kapa­zi­tät. Und das obwohl sie am Super­char­ger vor Ort immer auf 100% auf­ge­la­den wer­den und auch noch auf­grund der Tat­sa­che dass sie sich immer in der Nähe eines Super­char­ger befin­den und ihr Akku gut plan­bar auf fast 0% ent­la­den wird, d.h. trotz der lebens­dau­er­feind­li­chen Vollladezyklen.
    Zumin­dest mit einem Tes­la braucht sich ein Eigen­tü­mer kei­ne Sor­gen machen. Aber er war auch teu­er genug.

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